Vor unserer Abfahrt nach Östersund haben wir natürlich ständig den Wetterbericht studiert und das aktuelle Wetter und die Vorhersagen für das Rennwochenende waren verheerend. Da sich das Wetter aber sehr schnell ändern kann, habe ich mir nicht allzu viele Gedanken gemacht. Ein bisschen mehr Gedanken habe ich mir über die Läufigkeit von Bjarne, Maya, Bruna und Merckx gemacht. Das kann ein unkontrollierbarer Faktor sein, da Jungs wie Mädels in dieser Zeit nur eines im Sinn haben…
Am Mittwoch ging es dann mit 12 Hunden (Bente, Maya, Steels, Bjarne, Wese, Merckx, Tafi, Happy, Bruna, Tom, Rudi und Jack) im Anhänger los nach Östersund. Abends haben wir Heikes Copilot Flori am Flughafen abgeholt und anschließend in der Hotel-Lobby das Wiedersehen bei einem Bier begossen. Bei dieser Gelegenheit haben wir den Finnen Juho Ylipiessa kennengelernt, ein super netter Bursche und vor allem ein Finne, der spricht! Wer konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass wir während des Rennens ein richtig gutes Team werden würden.
Am Donnerstagvormittag war das Mushermeeting wo alle über den Streckenverlauf und die aktuellen Wetterverhältnisse informiert wurden. Und was wir am Donnerstagvomittag da zu hören bekamen, war der absolute Horror: In den Bergen waren 150 cm Neuschnee gefallen und dazu noch ein Orkan mit bis 46m/s Wind. Der schwedische Wetterdienst hatte eine Unwetterwarnung für die Region ausgerufen und das hat die Organisatoren bewogen den geplanten Start von Donnerstagabend auf Freitag 10.00 Uhr zu verlegen. Zudem wurde die erste Etappe umgelegt. Das hatte zur Folge, dass die Strecke bis zum ersten Checkpoint Ljungdalen nun 170 km lang war. 170 km, so lange sind unsere Hunde noch nie am Stück gelaufen. Zusammen mit Heike habe ich beschlossen, Bruna nicht mit ins Team zu nehmen. Ihr hat das „Training“ vom Femundlauf gefehlt und das wäre einfach zu hart für sie gewesen.
Freitag, 10.00 Uhr: Massenstart auf dem großen See von Östersund. Endlich geht es los. Adrenalin pur liegt in der Luft und als die Flagge gesenkt wird, rasen wir los. Mit Steels und Tafi im Lead stehe ich auf dem Blankeis mit beiden Füssen auf der Bremskralle und versuche die Übersicht in dem Getümmel zu behalten. Als ein Team von links heranschießt und die Spur kreuzt und links und rechts von mir auch noch Teams sind, ist ein Chaos beinahe unausweichlich. Dank der Übersicht aller Beteiligten und sekundenschnellen Entscheidungen gelingt es uns einzufädeln und in einer Schlange von sieben Teams weiterzufahren. Jetzt sind 30 km auf dem blanken Eis angesagt und als es in den Wald geht, machen wohl alle Fahrer, die unfallfrei durchgekommen sind drei Kreuze und danken dem Schlittenhundegott, dass alles gut gegangen ist. Heike und Flori haben mir nachher erzählt, dass hinter mir das Chaos ausgebrochen ist mit Verwicklern, umgestürzten Schlitten und einem Musher, der sich vier Rippen gebrochen hat.
Die Etappe nach Ljungdalen war geprägt von extrem wechselnden Wetter- und Trailbedingungen:. tiefer Neuschnee, harte Spur über freie Flächen und heftiger Gegenwind. Ich war ständig damit beschäftigt unsere Hunde auf ihr Ausdauertempo herunter zu bremsen und bei den kleinen Snackpausen haben sie unmittelbar mit Geheul angefangen, weil sie unbedingt weiter wollten. Als wir eine vereiste Straße überqueren mussten, ist Tafi urplötzlich auf die Idee gekommen auf die Straße abzubiegen. Der Versuch das Team zu stoppen war unmöglich. Ich habe mich mit dem Schlitten und Schneeanker in den Straßengraben geworfen und die Verrückten zum Halten gebracht. Über den Tiefschnee konnte ich sie dann auf den Trail führen und der wilde Ritt ging weiter. Nach 12h 18min sind wir in Ljungdalen angekommen und für mich völlig überraschend lagen wir auf dem dritten Platz.
Müde? Ja!!!
...die Hunde auch.
und Flori?
Aufgrund der langen Etappe haben die Organisatoren beschlossen eine 8 Stunden Pflichtpause für alle Teams festzulegen. Zudem wurde die Strecke nochmals geändert, da eine Fahrt über das Fjäll weiterhin unmöglich war. Das hatte zur Folge, dass wir einen Teil der ersten Etappe zurückfahren mussten. Nochmals 115 km bis zum Checkpoint Gräftåvallen. Die Rennleitung musste wieder mal kreativ sein damit die Zielankunft in Åre nicht gefährdet war.
Bente entdeckt unser Busle in Gräftåvallen.
Heike führt uns zum Auto.
In Gräftåvallen haben mich Heike und Flori in Empfang genommen und von da an hatten wir 6 Stunden Zeit mit dem Auto nach Ånn zu fahren von wo aus das Rennen weitergehen sollte. Ich war nach den zwei langen Etappen unglaublich müde und dank Heike und Flori, die alles perfekt für den Transport vorbereitet hatten, musste ich mich um gar nichts kümmern. Bei der Fahrt im Auto hat sich dann gezeigt, was ein perfektes Handler-Team wert ist: ich war super stinkig und habe ohne Grund ständig rumgemotzt. Die zwei haben das zum Glück völlig ignoriert und mich einfach stänkern lassen. Das ist das Beste was sie in dieser Situation machen konnten und bis wir in Ånn angekommen waren, hat sich meine miese Laune wieder deutlich gebessert und wir haben uns alle drei auf den Start in die letzte Etappe mit 65 km konzentriert. Wir haben beschlossen Merckx im Hänger zu lassen, da sie auf den ersten zwei Etappen unheimlich geackert hat und ihr die Müdigkeit anzusehen war.
Um 21:30 Uhr bin ich gleichzeitig mit dem Finnen Juho losgefahren und die ersten drei Stunden haben wir perfekt zusammengearbeitet. Wie beim Radfahren und dem sogenannten belgischen Kreisel haben uns regelmäßig bei der Führungsarbeit abgewechselt und konnten dadurch auf den Führenden Petter Karlsson Zeit aufholen. Nach ca. 3 Stunden hat sich dann Rudi, den ich zusammen mit Steels im Lead hatte, überlegt, dass da noch scharfe Miezen hinter ihm im Team laufen. Er hat sich ständig umgedreht und irgendwann kam der Zeitpunkt an dem er einfach umgedreht ist um die Mädels zu beglücken. Daraus wurde natürlich nichts: ich war schneller und habe ihn wieder hinter die Damen gespannt. Und jetzt kam die große Zeit vom Maya! Nach einigen Überlegungen habe ich sie ins Lead neben Steels gespannt und siehe da, wir haben wieder Fahrt aufgenommen und es war auf dem Schlitten wieder richtig Zug zu spüren. Juho war natürlich in der Zwischenzeit weg, aber da ich wusste, dass von hinten niemand näher kommt, war ich ziemlich entspannt und mir sicher, dass wir den 3.Platz ins Ziel bringen würden.
04:06 Uhr, Zieleinfahrt in Åre
Bei der Zielankunft in Åre wurde ich von Heike und Flori begeistert empfangen und ich war einfach nur glücklich über die sensationelle Leistung aller Hunde und dem gesamten Burning Snow Team. Ein Rennen, das nicht nur bei uns in die Geschichte eingehen wird. Die Organisatoren haben es unter den denkbar schlechtesten Voraussetzungen geschafft ein anspruchsvolles Rennen durchzuführen und somit allen Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren.
Die Helden vom Organisationsteam brechen nach dem Rennen in Tränen aus.
Mit dem ersten Preis ‚best dog care‘, der von den Renn-Tierärzten vergeben wird, wurde das Wochenende gekrönt und wir wurden darin bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Und zum Abschluss gibt es ein großes Dankeschön an alle, die uns die Daumen gedrückt und fleißig Kommentare in unserem Blog geschrieben haben. Danke natürlich an Tanja und Matze, die es wieder einmal geschafft haben, das Rennen für alle Sofa-Musher so spannend zu beschreiben. Ein besonderes danke schön geht an Flori, der extra nach Östersund geflogen ist, an Regina, die die Booties genäht hat und an meine Eltern, die in Tjapps die Hunde versorgt haben.
Tack så mycket und wir freuen uns schon wieder auf die nächste Saison.
Michi