Rennbericht von Michi
Nachdem wir den Femundlauf absagen mussten, haben wir Mitte Januar vom Tobacco Trail in Kiruna gehört. Dieses Rennen mit einer Strecke von 308 km wurde zum ersten Mal als Langdistanzrennen durchgeführt. Eine optimale Gelegenheit um unseren ‚Jungaffen‘ mal zu zeigen was ein Rennen ist.
Freitag morgen um 5:00 Uhr haben wir uns auf den Weg nach Kiruna gemacht mit 13 Hunden im Hänger. Nach dem Mushermeeting war dann um 16:00 Uhr Start direkt vor dem weltbekannten Eishotel in Jukkasjärvi. Für unsere Verhältnisse war der Start relativ ruhig und geordnet und so bin ich mit Steels und Bjarne im Lead und der Startnummer 10 losgefahren. Bei den Leadern hatte ich keine große Auswahl da fast alle Hündinnen läufig waren und das immer Ausnahmezustand bedeutet. Die Jungs fallen als Leithunde weg, da sie mehr Interesse an den Mädels hinter sich hätten als vorne Druck zu machen.
Startvorbereitungen
Auf ersten Etappe mit 61 km hatte ich dann gleich mal die Möglichkeit andere Teams zu überholen was besonders für Mando ein ganz neues Erlebnis war. Sie war ganz überrascht, dass es da noch andere Hunde gibt und hat das auch entsprechend kommentiert. Der Trail, der einem Scooterweg folgte, war wie erwartet plattgewalzt und hart und da ist es besonders wichtig, dass die Hunde nicht zu schnell laufen. Die Bremsmatte hat fast geglüht und das trotz der Temperaturen von -30°C. Im ersten Checkpoint Övre Soppero war dann für alle Fahrer zwei Stunden Pflichtpause. Zur Erholung meiner Hunde hat das gar nichts gebracht. Sie sind die ganze Zeit dagestanden und haben ein Riesentheater gemacht, weil sie unbedingt weiter wollten.
Ich bin der Grizzly und ich kann mich ganz schön aufregen.
Um 21:56 Uhr ging es los auf die 77 km lange zweite Etappe zur finnischen Grenze. Der Trail war zu Beginn wie gewohnt hart, doch dann ging es nach einer Brücke um eine 90° Grad Kurve und meine Hunde waren wie aus dem Nichts verschwunden. Ein Meter tiefer Zuckerschnee! Die Folge war ein Knäuel aus 13 Hunden und ein großes Chaos. In dieser Situation versuchen die Jungs natürlich zu den Mädels zu kommen und umgekehrt genauso. Wie sich zeigen sollte, nicht das einzige Mal. So ein Chaos zu entwirren kann schon mal ein paar Minuten dauern.
Beim Fahren war jetzt erhöhte Vorsicht angesagt, da die urplötzlich auftauchenden Abschnitte mit Zuckerschnee immer häufiger wurden und die Verletzungsgefahr für die Hunde besonders groß ist, wenn man da ungebremst reinrauscht. Nach knapp 6 Stunden konzentrierte Fahrt ist der Checkpoint Saivomuotka aufgetaucht. Booties ausziehen, Stroh auslegen, Decken anziehen, Wasser kochen, Hunde füttern, da bleiben für den Musher bei einer Pflichtpause von 6 Stunden noch 3 Stunden Zeit um zu schlafen, zu essen und sich mit dem Handler auszutauschen.
Im Checkoint Saivomuotka. Um kurz vor 10:00 Uhr bin ich bei schönstem Wetter wieder auf der gleichen Strecke zurück nach Övre Soppero losgefahren. Die Temperatuten waren mit -10° Grad angenehm, aber die Wettervorsage hatte für Samstagnachmittag Schneefall und Sturm angekündigt. Nach einer Stunde fing es an, der Wetterbericht hatte ausnahmsweise das richtige Wetter vorhergesagt. Innerhalb von ein paar Minuten war von den Spuren nichts mehr zu sehen, nur noch die spärlich gesetzten Markierungen waren zu erahnen. Jetzt kam die Zeit von Angus und Steels. Als Leader haben sie unter der Schneedecke fast immer die feste Spur gefunden, teilweise im Zickzack-Kurs. Es war nicht zu vermeiden, dass wir auch mal im Tiefschnee oder in hüfthohen Schneewächten gelandet sind, die Folge war wieder ein Haufen von 13 Hunden auf zwei Quadratmetern. Beim Entwirren hatte ich ja mittlerweile Routine und so ging es wieder schnell weiter in letzten Checkpoint. Hier waren nochmals 6 Stunden Pflichtpause und zwei Stunden Schlaf für mich angesagt.
Der Sturm hatte mittlerweile an Heftigkeit zugenommen und die Hunde sind im Nu unter ihren Decken und dem Schnee verschwunden.
Die Kameraden von Angus sind unter dem Schnee verschwunden.
Unter den Fahren und Handlern wurde eifrig diskutiert ob man bei solchen Bedingungen überhaupt losfahren sollte. Die Meinungen waren breit gestreut, von ‚unmöglich‘ bis ‚da ist doch gar kein Sturm‘ war alles zu hören. Heike und ich haben gemeinsam beschlossen, dass ich auf jeden Fall weiterfahre. Eineinhalb Stunden nach dem Erstplazierten Milos Gonda bin ich um 22:10 Uhr an Position zwei liegend gestartet.
Kurz vor dem Start in die letzte Etappe.
Nach einem Kilometer auf dem Fluss ohne Markierungen und Scooterspuren, die in alle Richtungen führten, ist mir deutlich gezeigt worden, dass es nicht einfach werden würde. Meine Leader Steels und Rudi haben meine Unsicherheit gespürt und sind mehrmals umgedreht. Die Folge war das bekannte Chaos. Tom, Jack, Grizzly und Smudo hatten eine heftige Diskussion wer nur wohl Steels besteigen darf. Ich musste ihnen deutlich klar machen, dass keiner in den Genuss von Sex auf dem Trail kommen wird. Das wurde dann auch widerwillig akzeptiert. Ich habe es geschafft in dieser Situation ruhig zu bleiben um die Hunde nicht noch nervöser zu machen. Nach 15 Minuten hat mich Johnny Nääs überholt und das war mein großes Glück. Steels, Rudi und ich hatten wieder eine Spur an der wir uns orientieren konnten. Ich bin die ganze Etappe mit Johnny zusammen gefahren und das hat die Sache deutlich erleichtert. Ich hatte mich gedanklich schon an eine Nacht im Schlafsack vorbereitet.
Die Strecke zum Ziel führte am Eishotel vorbei wo der Start war. Sowohl Johnny’s Hunde und auch Steels und Rudi sind direkt auf den Parkplatz zugelaufen und hatten gedacht, dass sie am Ziel sind. Wir konnten sie aber überzeugen, dass es noch zusätzliche 30 km bis zur Ziellinie sind und so ging es 2,5 Stunden durch Tunnels, über Straßen und massenweise Wegkreuzungen. Um 6:44 Uhr überquerte ich nach 9 Stunden Fahrt überglücklich und direkt hinter Johnny als Dritter die Ziellinie.
Zielankunft Ein intensives Wochenende liegt hinter dem Burning Snow-Team und wir haben wieder viel dazu gelernt. Mein ganz besonderer Dank geht an Heike, die als Handler bei ihren Autofahrten durch die Sturmnacht großes geleistet hat. Bedanken möchte ich mich auch bei Sabine, die bei uns in Tjapps die Hunde betreut hat. Sie hat die Aufgabe großartig gemeistert und wir sind glücklich solch eine tolle Nachbarin zu haben. Herzlichen Dank auch an Regina für das Nähen der vielen Booties. Nicht zuletzt bedanke ich mich bei allen die auf unseren Blog das Rennen verfolgt und eifrig Kommentare geschrieben haben. Tanja und Matze, trotz des Faschingswochenendes habt ihr wieder mal tolle Pressearbeit geleistet. Vielen lieben Dank. Mein größter Dank geht an Steels, Mando, Angus, Wese, Rudi, Jack, Tom, Smudo, Grizzly, Nico, Amy, Bjarne und Happy.
In vier Wochen geht es auf dem Amundsenrace weiter für Burning Snow. Heike wird mit 12 Hunden an Start gehen und sicherlich für spannende Tage sorgen.
Michi
PS: NEVER GIVE UP! Das ist das Motto von Robert Sorlie und es hat mir auf dem Tobacco Trail sehr weitergeholfen. Auch von Lance Mackey gibt es ein passendes Zitat: The harder it is, the better we are.