Bevor ich mit dem Bericht über dieses außergewöhnliche
Rennen beginne, möchte ich mich bei allen,
die mich/uns unterstützt haben ganz herzlich bedanken. Ganz besonders natürlich
bei Heike, die vor und während des Rennens Großartiges geleistet hat und ich durch
ihre detaillierte Wetterprognose eine sehr ungemütliche Nacht im Orkan vermeiden
konnte.
Mein Dank geht auch
an Tanja, Lore und Peter, die hier in Tjapps das Haus und die Hunde versorgt
haben und wieder einmal ein tolles Presseteam waren. Andrea und Eilert möchte ich auch nicht
vergessen, die die Fahrdienste übernommen haben.
Über die vielen Kommentare im Blog und auf Facebook haben wir uns sehr gefreut. Tack så mycket!
Die Vorbereitungen
Wie immer ist die Vorbereitung eines Rennes der stressigste
Teil. Wir begannen schon zwei Wochen
vorher und trotzdem wurde es am Tag vor der Abfahrt spät abends bis wir fertig
wurden. Fleisch hacken, die Pflichtausrüstung für den Schlitten zusammensuchen,
Beläge für den Rennschlitten mit einer Abziehklinge plan schleifen,
Trockenfutter abpacken, 400 Booties abzählen und für jede Etappe eintüten, 10
kg Hühnchenfilets abkochen und klein schneiden,
Decken für die Hunde in die Depotsäcke stecken, schnell noch ein Bett
fürs neue Busle bauen und dann noch das alte Busle mit dem neuen Busle von
Arvidsjaur nach Tjapps transportieren. Der ganz normale Wahnsinn also! Ich habe
aber noch lange nicht alles aufgezählt was es zu machen gab.
Die Anfahrt nach
Röros
Wenn man sich dann frühmorgens ins Auto setzt und froh ist,
dass es endlich losgeht und dann das Auto nicht startet, ist das Adrenalin
gleich wieder in die Höhe geschossen. Zum Glück kann man in Tjapps auch morgens
um halbsieben beim Nachbarn anrufen
(nein, nicht Eilert), der dann innerhalb von fünf Minuten vor der Haustüre
steht und Starthilfe gibt.
Die knapp 800 Kilometer nach Röros auf vereisten Straßen
waren dann ganz entspannend und wir konnten uns so langsam auf das Rennen
einstellen.
In Röros hatten wir eine super gemütliche Hütte gemietet mit
Holzofen und einem kleinen Wäldchen vor der Tür wo wir optimal das Stake-out
für die Hunde aufbauen konnten.
Schneller als 100 km/h sollte man nicht fahren ;-) |
Endlich on the road to Röros. |
Wohl ein bisschen zu schnell gefahren.... |
Vor dem Start
Wir mussten schon einen Tag vor dem Start am Freitag in
Röros sein, da es dieses Mal Pflicht war, dass alle Hunde vor dem Rennen von Tierärzten
untersucht werden mussten. Wir haben von den Tierärzten bestätigt bekommen,
dass unsere Hunde in einem sehr guten Zustand sind und gut im Futter stehen. Vor
dem Vet-Check war noch das einstündige Mushermeeting mit spärlichen Infos zur
Strecke zu absolvieren. Am Tag vor dem Rennen ist das schönste, dass man viele
alte Bekannte trifft, die man sonst das ganze Jahr nicht sieht.
Nach ein, zwei Bierchen sind wir am Abend ins Bett gekrochen
und uns riesig gefreut, dass es morgen endlich losgeht.
Das Mushermeeting. |
Der Start
Der Start war dieses Jahr total entspannt. Jetzt merkt man
doch, dass Heike und ich schon einige Erfahrungen bei den Rennen gesammelt (es
war das siebte Mal, dass wir am Femundlauf teilnahmen) und wir sind schon
deutlich ruhiger geworden und das überträgt sich auch auf die Hunde.
Der Start war mitten in Röros mit vielen Zuschauern und
einer perfekten Organisation mit vielen Helfern und einem Quad, so dass ich
ganz kontoliert zur Startlinie fahren konnte. Dort stand ich mit einem fetten
Grinsen im Gesicht, weil ich mich so gefreut habe, dass wir als Burning Snow
Team endlich mal wieder an einem großen Rennen teilnehmen konnten.
Die Hunde sind wie die Raketen durch das Spalier von
hunderten Zuschauern geschossen und nach einer Viertelstunde war auf dem Trail Ruhe eingekehrt und mein Grinsen
war immer noch nicht verschwunden.
Noch 30 Minuten bis zum Start. |
Noch eine Minute. |
Los geht's! |
Die Strategie
Zusammen mit Heike habe ich vor dem Rennen beschlossen, dass
ich dieses Jahr die ersten zwei Etappen ganz entspannt angehe und die Hunde auf
ein schönes Ausdauertempo runterbremse. Im ersten Checkpoint war eine
Pflichtpause von 4 Stunden vorgeschrieben, was nach 75 km völlig ausreichend
ist. Im zweiten Checkpoint Drevsjö haben wir eine fünfstündige Pause
eingeplant. Am dritten Checkpoint Sövollen war die achtstündige Pflichtpause
vorgesehen und für die weiteren Checkpoints haben wir die Pausenzeiten offen
gelassen, je nachdem wie viel Rast die Hunde nötig haben werden.
Der Orkan Ole
Bis zum zweiten Checkpoint Drevsjö lief alles nach Plan:
schönes Wetter, die Hunde haben ihren Rhythmus gefunden und haben gut
gefressen. Es war aber auch klar, dass in der kommenden Nacht der Orkan Ole mit
voller Wucht im Femundgebiet aufschlagen wird. Zusammen mit Heike, die die
Wettervorhersagen genauestens studiert hat, habe ich beschlossen die geplante Pause zu verkürzen um überhaupt
eine Chance zu haben in den nächsten Checkpoint Sövollen zu kommen.
Nach drei Stunden habe ich mich mit elf Hunden auf den Weg
gemacht. Pelle musste ich rausnehmen, da ein Verdacht auf eine sich anbahnende
Lungenentzündung bestand und diese sofort mit Antibiotika behandelt werden
musste. Die Behandlung hatte auch umgehend Erfolg und Pelle war am nächsten Tag
wieder voll fit.
Ich habe gewusst, dass die letzten 19 km der Etappe die
Schlüsselstelle sein werden. Dort geht es in die Berge hoch und der Wind kommt immer
im 90 Grad Winkel von rechts. Das war schon bei unseren vorherigen Rennen so.
Auf der Hälfte der Etappe hat Fignon plötzlich anfangen zu humpeln und so
musste ich den schweren Kerl in den Schlittensack stecken, was ihm natürlich
gar nicht gefallen hat. 27 Kilo mehr im Schlitten und ein Hund weniger der
zieht, das hat unser Tempo deutlich verlangsamt und ich habe gehofft, dass es mir zeitlich trotzdem noch
reicht durch den Sturm zu kommen.
Nach einem langen Ziehweg
stand ein Schild mit der
Aufschrift „19 km till Sövollen“. Man
biegt nach links um die Ecke und dann geht es steil Berg auf. Fignon hat in der
Zwischenzeit im Schlittensack so Rabatz gemacht, dass ich ihn wieder ins Team
gespannt habe. Und siehe da, das Humpeln war verschwunden.
Nach 2 km war ich über der Baumgrenze und der Wind hat so
stark zugenommen, dass die Hunde Probleme hatten die Spur zu halten, weil sie immer
wieder nach links abgetrieben wurden. Ich hatte bis dahin Nena und Sukker im
Lead, aber da Nena noch jung ist und noch nie in so einem starken Sturm
gelaufen ist, hat sie immer wieder gezögert und ist stehen geblieben. In dem
Moment als ich Punki nach vorne gespannt habe, wurde ich von einem Norweger
überholt. Er hat mich gefragt ob er auf mich warten soll, dass meine Hunde ihm
folgen können. Da habe ich selbstverständlich nicht nein gesagt und wir sind 3
km gut vorangekommen. Dann ist der Wind wieder stärker geworden und wir hatten
Probleme uns auf dem Schlitten zu halten. Die Leithunde des Norwegers versuchten
immer dem Wind auszuweichen und sind im 90 Grad Winkel vom Trail weggelaufen.
Die Sicht war in der Zwischenzeit so schlecht, dass ich stellenweise meine
Leithunde, geschweige denn den Norweger vor mir, nicht mehrsehen konnte.
Nachdem der Norweger es ein paar Mal geschafft hat, teilweise mit meiner Hilfe,
sein Team auf den Trail zurückzuführen, war dann plötzlich totaler Stopp. Seine
Hunde haben sich hingelegt und gestreikt.
Während ich noch überlegt habe ob ich die Führungsarbeit
übernehmen sollte, ist plötzlich ein zweiter Norweger hinter uns aufgetaucht.
Er hat uns überholt und gewartet bis wir mit unseren Teams wieder startklar
waren. Im Zug sind wir wieder 3 km weiter gekommen. Ich war um jeden Meter
froh, den wir vorankamen. Jetzt waren die Böen so stark, dass wir uns alle drei
nicht mehr gesehen haben und die Hunde immer zögerlicher wurden. Wieder
Vollstopp! Einer von den Norwegern hat es geschafft seine Hunde wieder zum
Laufen zu bringen, aber er war im Nu im Nichts verschwunden. Jetzt waren wir
noch zu zweit. Thomas S. Erlandsen war sein Name und er hat gemeint (Reden war
nur mit Brüllen möglich), dass er eine Stunde warten wird und dann hofft, dass
seine Hunde wieder laufen. Ich meinte, dass ich auf keinen Fall warten werde
und gesagt, dass ich vor meinen Team bis zum Checkpoint laufe. Ich wollte auf
keinen Fall stoppen, da ich wusste, dass der Orkan noch mindestens zwölf Stunden wüten würde. Also habe ich mich
vor meine Leithunde gestellt und bin losgelaufen. Das gab natürlich ein
Riesengeknäuel bei den Hunden, aber das war mir egal. Als ich so ca. 200 Meter
weit gekommen bin, hatte ich plötzlich die Leithunde von Thomas zwischen meinen
Beinen. Seine Leithunde hatten beschlossen mir zu folgen und sind wieder in
Schwung gekommen. Ich bin dann wieder dem anderen Team gefolgt und
abwechselnd haben wir uns vorangekämpft.
Alle Hunde waren auf dem rechten Auge praktisch blind, weil der Schnee direkt
von rechts kam und im Fell hängen blieb. Die Helden sind trotzdem
weitergelaufen.
Der Wind wurde immer noch stärker, was ich nicht für möglich
gehalten hatte. Aber nachdem der Trail wieder Berg ab ging, habe ich gewusst,
dass wir es geschafft haben. Die Hunde haben das auch gespürt und sind gerannt
wie irre. Noch 4 km bis zum Checkpoint Sövollen! In mir kam unfassbare Freude
und Dankbarkeit auf, dass die Hunde das geschafft haben. Nachdem Thomas fünf Minuten nach mir im Checkpoint ankam,
sind wir uns in die Arme gefallen und haben uns gegenseitig gedankt. Solche
Erlebnisse schweißen zusammen und wir werden Musherfreunde auf Lebenszeit
bleiben.
Das Warten auf die Musher ist für die Handler sehr nervenaufreibend. |
Kurz nach der Ankunft in Sövollen. |
Als Heike mich im Checkpoint entdeckt hat, standen uns
beiden Tränen der Freude in den Augen.
Jetzt hieß es schnellstens die Hunde mit Stroh, Decken und
Futter zu versorgen. Das hatten sie sich wahrlich verdient. Die achtsündige
Pflichtpause war uns allen herzlich willkommen. Die Fahrt sollte um halb zehn
abends weitergehen. Nach drei Stunden Schlaf bin ich wieder raus zu den Hunden
um sie nochmals zu füttern und nach dem Rechten zu schauen. Der Sturm ist in
der Zwischenzeit auch über den Checkpoint gefegt, aber die Hunde hatten es im
Stroh und unter ihren Decken sehr gemütlich und warm. In einer Stunde sollte es
weitergehen und ich hatte auch keinen Zweifel daran. Mich hat nur ein wenig
gewundert, dass weit und breit kein anderer Musher bei seinen Hunden zu sehen war.
Nico und Nena |
Beim Kaffee in der warmen Hütte, haben wir dann erfahren,
dass das Rennen bis um sechs Uhr in der Früh gestoppt war. Es hatten nur acht
Teams bis in einen Checkpoint geschafft, der Rest saß irgendwo fest und kam
nicht mehr weiter. Sogar ein Robert Sörlie, der weit vor mir lag, kam nicht
weiter und saß 5 km vor dem Checkpoint Orkelbogen im Orkan fest. Wenn das
passiert, weiß jeder, dass die Lage wirklich ernst ist.
21 Uhr und um 6 Uhr der Neustart! Genügend Zeit um noch ein
Gläschen Rotwein im sehr gemütlichen Pub zu trinken und ein wenig zu
entspannen. Mein neuer Freund Thomas hatte schon einige Gläschen intus und wir
haben auf unser Abenteuer angestoßen und uns gefreut, dass wir im Warmen
sitzen.
Skål! |
Hier lässt sich der Orkan gut aushalten. |
Um 4 Uhr in der Früh sind Heike und ich wieder aus unseren
Schlafsäcken gekrochen um uns über den neustens Stand der Dinge zu informieren.
Die Entwicklung in der Nacht war dramatisch! Vier Jugendliche vom Junioren-Rennen
wurden im Sturm vermisst und in der Zwischenzeit hatte sich die norwegische
Polizei eingeschaltet. Die zwei Polizisten im Checkpoint hatten das Rennen für
beendet erklärt, weil noch 40 Teams und die Jugendlichen irgendwo im Sturm
verschollen waren. Zudem waren einige Autostraßen gesperrt, wo einige Handler
in ihren Autos nicht weiterkamen. Rennabbruch! Zum ersten Mal in der Geschichte
des Femundlopet!
Mit Anbruch der Helligkeit hat sich der Sturm ein wenig
gelegt und die Suchmannschaften konnten sich mit ihren Schneemobilen auf den
Weg machen um die vermissten Fahrer zu suchen. Erst am Nachmittag waren alle
Teams in Sicherheit gebracht und es konnte endlich Entwarnung gegeben werden.
Es hat sich herausgestellt, dass viele von den erfahrenen Mushern rechtzeitig
Schutz gesucht hatten und den Orkan gut überstanden haben.
Fazit
Der Femundlopet 2015 war ein Rennen, das nicht nur bei uns
in die Geschichte eingehen wird. Ich bin
zwar „nur“ 200 km gefahren, die waren dafür aber umso intensiver. Wir als
Burning Snow Team haben viel gelernt und wertvolle Erfahrungen für die Rennen
in den nächsten Jahren gesammelt.
Unser Song des Rennens
Walk on
through the wind
Walk on through the rain
Though your dreams be tossed and blown
Walk on, walk on
Walk on through the rain
Though your dreams be tossed and blown
Walk on, walk on
When you
walk through the storm hold your head up high
And don't be afraid of the dark
At the end of the storm there's a golden sky.
And don't be afraid of the dark
At the end of the storm there's a golden sky.
(“You’ll
never walk alone” in einer Version Johnny Cash )
3 Kommentare:
Vielen Dank für den tollen Rennbericht. Jetzt kann man noch besser alles nachvollziehen. Auch wir haben die ganze Zeit mitgefiebert und die Daumen gedrückt. Das habt Ihr alle spitzenmäßig gemacht. Großartig, dass sich das Burning Snow Team einfach nicht unterkriegen läßt!
Viele Grüße aus Niedersachsen!
Wow Michi, vielen Dank für diesen spannenden Bericht! Da habt ihr aber wieder was erlebt! Aber wie man sieht, hattest du bzw ihr Beide als Team mit euren super Hunden die Lage im Griff! Auf viele weitere Burning Snow Abenteuer die noch kommen werden!Viele liebe Grüße von Jenni
Hallo, ihr Lieben,das sind ja irre Nachrichten! Nun wissen wir also, warum es streckenweise so zuckelig ging. Auf dem GPS kann man ja immer nur erahnen, was da los ist. Aber dass es so schlimm wird....und ihr seid ja "alte Hasen". Die armen Frischlinge aus dem Junior - Lauf! Wie schön zu hören, dass es allen Hunden auch wieder gut geht und alle alles richtig gemacht haben. Ihr seid eben ein tolles Team! Viele Grüße aus Rostock
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